9. Dezember 2019

Projekt KODOS - Auf dem Sprung in die Anwendung: Optoelektronische Systeme auf Dünnglas

Das kürzlich gestartete und vom  Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt  KODOS (Konfektionierter Dünnglas-Verbund für optoelektronische Systeme)  soll das innovative Material Dünnglas entlang der gesamten  Wertschöpfungskette in fertige Produkte bringen. Dazu haben sich die auf  Anwendungsentwicklung orientierten Unternehmen EMDE development of  light, Volkswagen und Deutsche Werkstätten Hellerau mit den  Technologielieferanten tesa, VON ARDENNE, Flabeg, 4JET microtech,  SURAGUS und dem Fraunhofer Institut für Organische Elektronik,  Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP zusammengeschlossen. Ziel des  Konsortiums ist es, einen kompletten Baukasten an Funktionswerkstoffen,  Halbzeugen, Werkzeugen und Technologien für die  Rolle-zu-Rolle-Herstellung von optoelektronischen Systemen auf Dünnglas  anbieten können.

Ausgeklügelt produzierte ultra-dünne Gläser sind bereits seit  geraumer Zeit auf dem Markt. Sie sind dünner als Displayglas in  Mobiltelefonen oder Laptops und können eine ganze Menge mehr. Durch ihre  exzellenten Eigenschaften, wie Biegsamkeit, sehr glatte Oberfläche oder  Kratzfestigkeit sind sie auch als funktionale Oberflächen in Möbeln  oder Autos und als Substrat für optische Systeme sehr gut geeignet.

Um neue Anwendungen kosteneffizient und marktgerecht zu bedienen, hat  sich jetzt ein Konsortium aus neun Industrie- und Forschungspartnern  gebildet, das im BMBF-geförderten Projekt KODOS die Grundlagen hierfür  schafft.

So wird der Automobilhersteller Volkswagen die Anwendung von dünnen  Gläsern als funktionale Dekoroberflächen im Automobil evaluieren und  qualifizieren. Hierzu sollen im Projekt hergestellte laminierte optische  Grundelemente auf ihre Belastbarkeit und Crashsicherheit untersucht  werden. Sie bilden die Eigenschaften funktionaler Oberflächen, wie zum  Beispiel Beleuchtung, dekorative Symbolik und Touchfunktionen ab.

Die Deutschen Werkstätten Hellerau werden Holzoberflächen mit dem  Hightech-Material Dünnglas hochwertig versiegeln und Zusatzfunktionen,  wie organische Leuchtdioden (OLED) oder Sensorflächen, in Möbel  integrieren.

Thomas Emde von EMDE development of light und Konsortialführer fasst  zusammen: “Ziel des Vorhabens ist es, wirtschaftlich relevante  Anwendungen für Dünnglas zu erforschen und zu entwickeln. So kann  beispielsweise die OLED-Technologie als Anzeige und Bedienelement in  Kombination mit einer Touch-Funktionalität auf Basis von Dünnglas im  Architektur-, Möbel-, Hausgeräte- und im Retail­Bereich eingesetzt  werden. Die angestrebte Innovation besteht in der Kombination aus  Beschichtung, Strukturierung, Kontaktierung und Lamination, sowie aus  der Entwicklung eines produktionstauglichen Übergangs von der  prozessierten Rolle zum einbaufertigen Halbzeug.“ Die EMDE development  of light wird im Projekt die Anforderungsdefinitionen für eine  Prozessoptimierung in den Bereichen Rolle-zu-Rolle und der  OLED-Fertigung erstellen.

Alle genannten Schritte stellen - vor allem wegen der besonderen  mechanischen Eigenschaften des Dünnglases - eine hohe Herausforderung  dar. lm Ergebnis des Projekts wird das Konsortium einen kompletten  Baukasten an Funktionswerkstoffen, Halbzeugen, Werkzeugen und  Technologien anbieten können.

Von tesa werden für die Wertschöpfungskette Verkapselungsklebebänder  für die dünnglasbasierten organischen elektronischen Aufbauten  bereitgestellt. Diese müssen eine erhöhte Lebensdauer garantieren, um  den hohen Klimaanforderungen der Automobilindustrie gerecht zu werden.  Darüber hinaus werden Technologien für vollflächige und partielle  Direktbeschichtungen von Dünnglasfolien mit funktionalen Schichten, wie  Lochinjektionsschichten für OLED, elektrische Kontakte oder dekorative  Drucke, erforscht.

Flabeg entwickelt wichtige Prozessschritte, die nötig sind, um  3D-geformte, mit Touch-Funktion und Dekoration ausgestattete  Dünnglaslaminate mit Splitterschutzeigenschaften als Einbauteile im  Fahrzeuginnenraum einsetzen zu können. Der Projektpartner erforscht  hierzu insbesondere den Heißformprozess und das Laminieren ein- und  zweiachsig gebogener dünner Gläser.

Im Projektkonsortium zu entwickelnde dünnglasbasierte  Funktionselemente sind im Projektverlauf eine wichtige Grundlage für die  spätere Integration in Anwendungen. Ein wesentlicher Prozess zu Beginn  der Wertschöpfungskette ist hierfür die Funktionalisierung der  Glasoberflächen mittels PVD-Beschichtung.

Um wirtschaftlich produzieren zu können, ist eine Verarbeitung des  Dünnglases in Rolle-zu-Rolle-PVD-Beschichtungsanlagen am sinnvollsten.  Der Anlagenbauer VON ARDENNE hat im Projekt daher das Ziel, eine  stabile, unterbrechungsfreie Prozessführung mit hoher Materialausbeute  sicherzustellen und Qualitätskenngrößen zur Bewertung der  Einsatztauglichkeit der gelieferten Dünnglas-Rollen zu entwickeln.  Außerdem sollen die Beschichtungsprozesse und Komponenten mit  Schichtfunktionalitäten für nachfolgende Prozesse (Lamination,  thermische Verformung, Laserschneiden) optimiert werden.

In enger Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern des  Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und  Plasmatechnik FEP werden Konzeptlösungen für die technologisch und  wirtschaftlich sinnvolle Verzahnung von Einzelschritten in der  Fertigungskette (Abbildung der Prozesskette Vakuumbeschichtung -  Verkapselungslamination – OLED-Kontaktierung und Vereinzelung)  erarbeitet. Die Spezialisten des Fraunhofer FEP entwickeln im Projekt  effiziente Beschichtungstechnologien für Elektroden und OLED. Sie werden  hierfür neue Strukturierungsebenen in die Rolle-zu-Rolle Fertigung  einbringen. An dieser Stelle verzahnen sich die Arbeiten mit dem  Know-how des Projektpartners SURAGUS auf dem Gebiet der prozessnahen  Charakterisierung essentieller elektrischer und optischer Eigenschaften.  SURAGUS entwickelt Messtechnik für die Charakterisierung des gesamten  OLED-Materialverbundes.

Nach erfolgreicher Herstellung der optischen, dünnglasbasierten  Grundelemente folgt der Prozessschritt der Vereinzelung fertiger OLED  von der Rolle. Aktuell existieren an dieser Stelle der Prozesskette  keine zuverlässigen Technologien. Um den durch die  Rolle-zu-Rolle-Fertigung perspektivisch enormen Wettbewerbsvorteil  nutzen zu können, muss eine Vereinzelungstechnologie entwickelt werden,  die OLED-Nutzen mit hoher Kantenfestigkeit und Lebensdauer ermöglicht.

Eine vorteilhafte Lösungstechnologie ist hierfür die laserbasierte  Separation, die durch 4JET microtech erforscht wird. Lasergeschnittene  Glaskanten können prinzipiell Festigkeiten aufweisen, die den  Anforderungen der OLED entsprechen. Besonders hervorzuheben ist die  Möglichkeit, praktisch beliebige Schnittkonturen und somit jegliche  OLED-Formen zu erzeugen. Die spezifischen Herausforderungen der  Glas-Polymer-Laminate sollen im Rahmen des Verbundprojekts untersucht  und wettbewerbsfähige Fertigungstechnologien erarbeitet werden.

Das Projektkonsortium wird innerhalb der nächsten drei Jahre an der  Entwicklung praxis- und industrietauglicher Technologien und der  Umsetzung erster überzeugender Grundelemente mit dem innovativen  Werkstoff Ultradünnglas arbeiten und dabei Technologiedemonstratoren  vorbereiten.

Die Projektpartner danken dem Bundesministerium für Bildung und  Forschung BMBF für die Förderung des Projektes „KODOS - Konfektionierter  Dünnglas-Verbund für optoelektronische Systeme“ im Rahmen der  Förderinitiative „Photonik nach Maß“.(Quelle: Fraunhofer FEP - Mediathek -  Pressemitteilung 19/2019)